Das grüne Tal

Die Unsichtbaren in der irischen Sage
Die Unsichtbaren im irischen Märchen

 

 

 

 

 

 

 

Oh. es ist so süß, zu denken,

dass in den Blumen

unsichtbare Stimmen flüstern,

süßer in der Qual als unsere.

(Altes Lied)

 

Das grüne Tal

 


Typisch für das irische Märchen haben alle beteilgten Personen Namen: Aoife und Fionn sind die Eltern, Donal ist der Sohn. Die Eltern wünschen sich eine Frau für Donal. Donal will nur eine heiraten mit weißer Haut wie Schnee, schwarzem Haar wie das Gefieder der Krähe Morrigan und rosigen Lippen.

Wieder wird eine Geschichte erzählt: Oscar hatte eine Tochter mit Namen Etain. Er gab ihr eine Stiefmutter, Nessa. Deren Tochter war Grania. Alle lebten im grünen Tal. Etain wurde von ihrer Stefschwester Grania und ihrer Stiefmutter Nessa gehasst, weil sie so schön war. Sie zeigten das aber nicht, solange Vater Oskar anwesend war. Als Vater Oskar starb, verschwand Etain.

 

Donal macht sich auf, um Etain zu suchen und um die Schönheit des grünen Tales zu genießen. Nun trifft Donal verschiedene Wesen, denen er hilft und die ihm im Gegenzug Geschenke geben. Als erstes zieht er dem Hund einer alten Frau einen Dorn aus der Pfote. Die weist ihm den Weg. Sie ist nur eine alte Frau, sie ist nicht von der Anderswelt.

Er trifft dann einen alten Kobold, der ihn bittet, einen Stein aus dem Wasser zu holen. Der Kobold schenkt ihm dann den Stein, der ein einziges Mal Glas, Holz und Stein durchsichtig machen kann.

Einem anderen alten Kobold holt er einen Schlüssel aus einem hohlen Baum, der alle Türen öffnet. Auch der wird ihm zur einmaligen Benützung überlassen. Ein weiterer Kobold überlässt ihm für Hilfeleistung zur einmaligen Benutzung ein rotes Tuch, das Zwölfmännerstärke verleiht.

 

Dann kommt Donal in das grüne Tal und ist überwältigt von dessen Schönheit. Nessa und Grania beobachten ihn von innen. "Mutter", fragt Grania, "wer ist der hübsche Fremde?"

Mutter und Tochter versuchen, Donal zu längerem Verweilen zu überreden, aber er will nur eine Nacht bleiben.

Das grüne Tal sieht im Mondlicht reizvoll aus. Beim Spaziergang kommt er zu einem hohen Turm. Dort trifft er zunächst auf einen ältlichen Mann. Der stellt sich als Freund seines Vaters, des Häuptlings Fionn, heraus. Sein Name ist Fiachra. Er hat die im Turm eingesperrte Etain mit Essen versorgt. Donal wendet nun die Geschenke der drei Kobolde an. Mit dem Stein, der einen Augenblick alles durchsichtig machte, erforschte er das Innere des Turmes. Dann fiel der Stein zu Boden und zerbrach in tausend durchscheinende Splitter. Mit dem Koboldschlüssel sperrte Donal die Türen auf. Nach Gebrauch wurde der Schlüssel immer kleiner und löste sich in luft auf.

Etain wurde vor Schreck ohnmächtig. Da nahm Donal den Schal, der Zwölf-Männer Stärke verleiht, und trug Etain zu einem Pferdewagen, den Fiachra von dem Schloss besorgt hatte. Wie die anderen Kobold-Geschenke verschwand der Schal.

Donal nahm das Mädchen zu seinen Eltern. Etain war ihm sehr dankbar.

Nessa und Grania verfolgen Donal, Etain und Fiachra und kommen dabei ums Leben.

Für Donal und Etain gab es eine wunderbare Hochzeit, und Fiachra war ein gerne gesehener Gast.

 

 

 

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Wie in Schneewittchen, Parzival und anderen: das europäische Märchen-Motiv: so weiß wie Schnee, so rot wie...., so schwarz wie...  Die Krähe ist im Mythos eine mögliche Gestalt der Todes-Göttin Morrigan, die dem sterbenden CúChullain auf der Schulter saß und so der gegnerischen Partei kund tat, dass der Feind tot war.

Außerdem ist das Märchen die irische Version von "Aschenputtel". Die Zweitfrau, die die Stieftochter ablehnt, ist ein Archetyp  in eurpäischen Märchen. Die ursprünglichste Sage dieser Art ist wohl der irische Mythos "Die Kinder des Lir".

Die irische Sage "Das grüne Tal" hat ihren großen Reiz in der Landschaftsbeschreibung, wie so oft in irischen Märchen. Den Archetypen des Helden in dieser irischen Sage, der sich aufmacht, um ein Mädchen zu befreien, finden wie auch in den Märchen "Dornröschen", "Rumpelstilzchen" und vielen anderen. Wesen, die auf dem Weg zum Ziel helfen, gibt es in vielen europäischen Märchen; als Beispiel seien die Märchen der Gebrüder Grimm "Das Wasser des Lebens" und "Die Bienenkönigin" aus der europäischen Erzählkultur  genannt. Typisch für die irischen Märchen im Gegensatz zur außer irischen europäischen Erzählkultur ist, dass die Protagonisten eben auch ganz normale Menschen treffen und nicht nur solche von der Anderswelt. Geschenke der Wesen aus der Anderswelt sind in der Europäischen Erzählkultur dauerhaft, bis eine Bedingung nicht mehr erfüllt wird, etwa dass man über das Geschenk nicht sprechen darf. Hier sind die Geschenke einmalig. In jedem irischen Märchen spüren wir die Parallelen zur Europäischen Erzählkultur.

Die Szene, als Donal in das grüne Tal kommt, erinnert an das Nibelungenlied der europäischen Erzählkultur. Die Mutter Ute und Krimhilde beobachten den ankommenden Siegfried wie Nessa und Grania Donal. In beiden Werken spüren wir, als Leser, das erotische Element. Sonderbar wirkt es, dass diese archetypische Szene in "The ardent valley" bei , trotz der Burg, doch kleinen Leuten spielt, während es sich im Nibelungenlied der europäischen Erzählkultur ja um Herrscher handelt. Aber gerade diese gleiche archetypische Situation bei Hoch und Niedrig gibt dem irischen Märchen den ihm eigenen Reiz.

Auch den Turm, in dem ein Mädchen gefangen ist, finden wir in der Europäischen Erzählkultur, etwa in dem Märchen "Rumpelstilzchen" von den Gebrüdern Grimm. Den Diener, der einen eingesperrten Hilflosen mit Essen versorgt, finden wir in der Europäischen Erzählkultur in Schillers "Die Räuber".(siehe Wikipedia)

So sehen wir, dass archetypische Erzähl-Situationen nicht nur in Märchen und Sagen, sondern auch in der Hohen Literatur Eingang finden. Die Europäische Erzählkultur ist durchdrungen von diesen Motiven.

Das Motiv des Gürtels, der Zwölf-Männer Stärke verleiht,  in der Europäischen Erzählkultur liest sich auch im Nibelungenlied.

Im irischen Märchen "The Verdant Valley" werden, im Gegesatz zu meistens in der Europäischen Erzählkultur mit ähnlichen Motiven, die Gefühle der Menschen bei der Rettung und beim Wiedersehen nach einer Gefahr genau geschildert.

Nessa und Grania kommen bei der Verfolgung von Donal, Etain und Fiachra ums Leben. Es ist keine Zauberei im Spiel wie in vergleichbaren Märchen der Europäischen Erzählkultur.

 

 

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Helfende Tiere als Archetyp im Mythos
Ameisen in der europäischen Erzählkultur

Quellen

Sinéad de Valera: "The Verdant Valley" In: Sinéad de Valera: "Fairy Tales of Ireland" New English Library London 1967 Seite 87

http://en.wikipedia.org/wiki/C%C3%BA_Chulainn

http://de.wikipedia.org/wiki/Oidheadh_Chlainne_Lir

Beide 160315